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Presseinformation: Handbuch für die Algenanzucht im Labor

Nr. 76 - 13.05.2025

Forschende liefern Anleitung zur Kultivierung einer für die Wissenschaft wichtigen Grünalge

 

(pug) Die einzellige Grünalge Chlamydomonas reinhardtii hilft Forschenden, grundlegende Lebensprozesse wie Photosynthese und Zellstoffwechsel besser zu verstehen. Weil sie unter anderem besonders sensibel auf Licht reagiert, braucht sie spezielle Anzuchtbedingungen. Nun hat ein Forschungsteam mit Beteiligung der Universität Göttingen eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Kultivierung der Alge aufgestellt. Sie soll weltweit Forschende aus den Bereichen Biowissenschaften, Biophysik und Bioengineering bei der Untersuchung biologischer, physikalischer und biotechnologischer Prinzipien unterstützen. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Nature Protocols veröffentlicht.

 

C. reinhardtii ist ein sogenannter Modellorganismus: Darunter verstehen Forschende eine Art, die sie besonders häufig untersuchen, um allgemeine biologische Prinzipien zu verstehen. Die einzellige Grünalge ist besonders in Bereichen wie der Molekularbiologie und der Erforschung der Photosynthese und Lichtrezeptoren in lebenden Zellen, des Zellstoffwechsels und des Proteintransports ein etablierter Modellorganismus. Obwohl einige technische Aspekte in der Kultivierung von C. reinhardtii mit mikrobiologischen Standardverfahren übereinstimmen, erfordert die Zucht und Vermehrung dieser Grünalge wegen ihrer Lichtempfindlichkeit und Beweglichkeit maßgeschneiderte Anleitungen. Denn im Gegensatz zu anderen Modellorganismen benötigt C. reinhardtii nicht nur besondere Temperatur- und Nährstoffbedingungen, sondern auch eine spezielle Beleuchtungsumgebung.

 

Die Kultivierung überprüfen Forschende anhand der Zellform, des Wachstums der Zellkultur und der Beweglichkeit der Zellen. Dazu verwenden sie mikroskopische Methoden in Kombination mit speziell dafür entwickelter computergestützter Bildverarbeitung. Zusammen mit der Schritt-für-Schritt-Anleitung stellt das Forschungsteam auch die verwendeten Algorithmen und Computercodes als frei zugängliche Open-Source-Software zur Verfügung. Zudem enthält das Protokoll Abschnitte zum „Troubleshooting“, in denen vermehrt aufgetretene Probleme und Fehlerquellen beschrieben und Hilfestellungen gegeben werden, wie die Fehler im Labor behoben werden können. Außerdem beinhaltet das Methodenpapier eine Liste mit artverwandten Mikroorganismen sowie genetisch veränderten Algenstämmen, die ebenfalls mit den im Protokoll beschriebenen Methoden kultiviert und analysiert werden können.

 

„Aufgrund unserer mehr als zehnjährigen Erfahrung kontaktieren uns immer wieder Kolleginnen und Kollegen aus der ganzen Welt bei Problemen und Fragen mit ihrer Zellkultivierung. Dies hat uns angespornt, unsere Expertise allgemein verständlich und detailliert zu verschriftlichen und der wissenschaftlichen Gemeinschaft in Form eines umfassenden Methodenwerks zur Verfügung zu stellen“, sagt Prof. Dr. Oliver Bäumchen vom Lehrstuhl für Experimentalphysik V der Universität Bayreuth.

 

„Die Sammlung von Algenkulturen der Universität Göttingen stellt ihre lebenden Bestände weltweit für Forschung, Lehre und Biotechnologie zur Verfügung. Unsere Stämme von Chlamydomonas werden besonders häufig angefragt. In der neuen, sehr detaillierten Anleitung haben wir unsere vielfältigen Kenntnisse zu dessen Kultivierung zusammengefasst. Damit unterstützen wir vor allem all jene Forschenden, die sich erstmals mit diesem faszinierenden Modellorganismus beschäftigen“, ergänzt Dr. Maike Lorenz von der Abteilung Experimentelle Phykologie und Sammlung von Algenkulturen der Universität Göttingen.

 

Die Studie wurde vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) gefördert.

 

Originalpublikation: Rodrigo E. Catalan et al. Preparation, maintenance and propagation of synchronous cultures of photoactive Chlamydomonas cells. Nature Protocols (2025). DOI: https://doi.org/10.1038/s41596-024-01135-3

 

Kontakt:
Dr. Maike Lorenz
Georg-August-Universität Göttingen
Albrecht-von-Haller-Institut für Pflanzenwissenschaften
Abteilung Experimentelle Phykologie und Sammlung von Algenkulturen
Telefon: 0551 39-25740 oder 0551 39-27870
E-Mail: mlorenz@uni-goettingen.de