In der Mitte des 18. Jahrhunderts war die Zoologie zwar Gegenstand von Forschung und wissenschaftlicher Betrachtung, jedoch noch nicht ein etabliertes akademisches Fach. Sie wurde zumeist als Teilgebiet der Naturgeschichte aufgefasst und in Göttingen von Professoren der Philosophischen und der Medizinischen Fakultät gelesen. Zu nennen wären hier Christian Wilhelm Büttner (27.02.1716 – 08.10.1801, Abbildung links) und Johann Christian Polycarp Erxleben (22.06.1744 – 19.08.1777), letzterer trotz genuin zoologischer Arbeiten vor allem als Begründer der Veterinärmedizin bekannt. Ähnliches gilt für die damalige Anthropologie. Büttner legte eine naturgeschichtliche Sammlung an, die später zum Ausgangspunkt des Zoologischen Museums werden sollte.
Einen wesentlichen Schub erhielten sodann Zoologie wie auch Anthropologie durch eine herausragende Persönlichkeit, die als Begründer dieser beiden Fachgebiete als wissenschaftliche Disziplinen gelten kann: Johann Friedrich Blumenbach (11.05.1752 – 22.01.1840, Abbildung rechts), dessen Andenken wir in der Namensgebung unseres Institutes würdigen. Nach seiner Ernennung zunächst zum außerordentlichen Professor an der Medizinischen Fakultät wurde ihm die Leitung der Büttnerschen Sammlungen übertragen. Später wurde er zum ordentlichen Professor berufen. Mit bemerkenswerter Tatkraft und nicht zuletzt durch eine, auch internationale, wissenschaftliche Vernetzung mit den Größen seiner Zeit gelang es ihm, diese Sammlungen quantitativ erheblich zu erweitern und qualitativ zu optimieren. Sie wurden später Grundstock der Zoologischen und Geologischen Museen. Blumenbach stellte sich als Kritiker von Urzeugung und Präformationslehre vorherrschenden Strömungen seiner Zeit entgegen. Wiewohl er die anatomischen und äußerlichen Unterschiede zwischen menschlichen Populationen untersuchte, lehnte er im Gegensatz zu anderen Zeitgenossen rassistische Ansichten entschieden ab.
Hernach wurde Arnold Adolf Berthold (26.02.1803 – 03.01.1861) die Leitung des zoologischen Teils der Sammlung übertragen, ein Schritt zur weiteren Eigenständigkeit der Zoologie. Darüber hinaus gilt Berthold als Begründer der Endokrinologie. Blumenbachs Nachfolger, Rudolf Wagner (30.06.1805 – 13.05.1864), erhielt erstmals – in der Medizinischen Fakultät – eine Professur mit einer Denomination für Zoologie, die außerdem Physiologie und vergleichende Anatomie umfasste.
Nach Wagners Tod wurden Zoologie und Physiologie voneinander getrennt, wobei Erstere der Philosophischen Fakultät zugeordnet wurde, während Letztere in der Medizinischen Fakultät verblieb. Am 16. Juni 1864 wurde daraufhin ein selbständiges Zoologisches Institut gegründet. Die Notwendigkeit eines eigenen Institutsgebäudes veranlasste Wilhelm Moritz Keferstein (07.01.1833 – 25.01.1870, Abbildung links) einen solchen Bau zu initiieren, welches jedoch erst 1877 fertiggestellt wurde. Dieses Gebäude in der Berliner Str. 28 blieb für mehr als ein Jahrhundert der Sitz der gesamten Zoologie bevor es 2018 zum Haus des Wissens umgebaut wurde.
Auf Keferstein folgten Carl Claus (02.01.1835 – 18.01.1899), der Göttingen nach kurzer Zeit wieder verließ. Sein Nachfolger Ernst Ehlers (11.11.1835 – 31.12.1925, Abbildung links) prägte die Göttinger Zoologie für eine bemerkenswert lange Zeit und trat als Herausgeber der Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie sowie als Präsident der Deutschen Zoologischen Gesellschaft (1894/95) in Erscheinung. Nach Ehlers wurde Alfred Kühn (22.04.1885 – 22.11.1968) berufen, der durch bedeutende Ansätze auf den Feldern der Entwicklungsbiologie und Genetik sowie als Autor diverser Bücher hervortrat, darunter dem von ihm begründeten Lehrbuch für Anfänger „Zoologie“ (Thieme Verlag), welches bis heute fortgeführt wird. Als Alfred Kühn infolge eines Rufs an das Kaiser-Wilhelm-Institut für Biologie in Berlin-Dahlem 1937 Göttingen verließ, folgte Karl Henke (03.10.1895 – 14.09.1956), dem die Aufgabe zufiel, das durch den 2. Weltkrieg in Teilen zerstörte Zoologische Institut wieder aufzubauen. Während der Amtszeit seines Nachfolgers Georg Birukow (25.09.1910 – 17.10.1985) wurde 1961 eine zweite Professur für Zoologie mit Peter Ax (29.03.1927 – 02.05.2013) besetzt, was zur Aufteilung in zwei Zoologische Institute führte.
Nach einigen Jahrzehnten wurden diese Institute zusammen mit weiteren Neugründungen wiedervereinigt. Die zuvor erfolgte Aufteilung kann als Beginn einer sich fortsetzenden fachlichen Differenzierung angesehen werden. Heute spiegelt sich diese Differenzierung in den Abteilungen des Instituts wider, die ein breites fachliches Spektrum von der Evolution bis zur molekularen Zellbiologie abdecken.
Prof. Rüdiger Hardeland, 2017