Einleitung
Manow veröffentlichte „Unter Beobachtung - Die Bestimmung der liberalen Demokratie und ihrer Freunde“ (Manow 2024b) 2024, es folgt auf seine erfolgreichen Bücher „Die politische Ökonomie des Populismus“ (Manow 2018) und „(Ent-)Demokratisierung der Demokratie“ (Manow 2020) ein weiteres Buch im Bereich der Demokratietheorie. Das Buch beschäftigt sich mit der gegenwärtigen Krise der liberalen Demokratie, allerdings anders als beim Titel zu vermuten, mit einem Fokus auf die Gegner:innen, oder als solche bezeichnete, der liberalen Demokratie. Seine Kernthese ist, dass die Gegner:innen der liberalen Demokratie durch diese und ihre institutionelle Ausarbeitung mit bedingt bzw. sogar erschaffen wurden.
Manow greift eine bereits in der Debatte behandelte These auf, welche in der aktuellen Diskussion jedoch kaum Gehör findet. Er präsentiert diese These als eine Lösung der gegenwärtigen Krise, was in der Politikwissenschaft und auch in den Fachrezensionen kontrovers aufgefasst wurde. Durch die Form und den Stil Manows lässt sich „unter Beobachtung“, trotz tiefgreifender Analysen sehr gut lesen und seine Argumentation wird deutlich.
Warum wir Demokratie historisieren müssen
Manow (2024b) beginnt mit der These, dass die Feinde der liberalen Demokratie vor 1990 nicht existiert haben könnten, „weil es die liberale Demokratie weder als spezifische Vorstellung noch als distinktes institutionelles Ensemble gab“ (Manow 2024b, S. 11). Auch deswegen lasse sich die Demokratie sowie die Demokratietheorie ausschließlich historisch betrachten (Manow 2024b, S. 14). Einen ähnlichen Zeitrahmen setzt auch Kielmansegg (2013) in seinem fünften Versuch über den demokratischen Verfassungsstaat (Kielmansegg 2013, S. 145–180). Nach ihm feierte die Verfassungsgerichtsbarkeit in der heutigen Form ihren Siegeszug in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts (Kielmansegg 2013, S. 151). Aus der Entstehung der liberalen Demokratie folgert Manow, dass diese mit diesen Veränderungen sich ihre eigenen Feinde geschaffen habe, denn zuvor konnte sich schließlich niemand gegen die liberale Demokratie wenden, da sie schlicht nicht existiert hat (Manow 2024b, S. 26). Diese Aussage ist gleichermaßen einleuchtend wie auch streitbar, es ließe sich die Frage an Manow richten, inwiefern dann überhaupt Veränderung an dem demokratischen System möglich wären, wenn jede Veränderung neue Feinde schaffen würde. Dies lässt sich nicht mit der zuvor durch Manow angebrachten These übereinbringen, dass die Geschichte der Demokratie nicht mit der liberalen Demokratie zu Ende erzählt sei und sich diese stetig wandele (Manow 2024b, S. 49–50). Die Frage, die sich stellt, welche Manow nicht beantwortet, ist, ob nicht jede Veränderung im demokratischen System auch das Entstehen neuer Gegner:innen dieses speziellen Systems hervorrufen würde. Zusammenfassend legt Manow im ersten Schritt schlüssig dar, dass neue Gegner:innen der Demokratie durch eine stärkere Verfassungsgerichtsbarkeit entstehen, geht diesen Schritt aber leider nicht weit genug und übersieht dabei mögliche Kritikpunkte an seiner eigenen Argumentation.
Die Beobachtung der Demokratie: Konzepte & Kontexte
Über die Notwendigkeit der Historisierung des Begriffs hinaus gehend kritisiert Manow die Praktik der gegenwärtigen Demokratiemessung und -kategorisierung. Diese sei eng mit dem vorherrschenden Demokratiesystem verbunden und würde außerdem einen idealen Typus vorraussetzen (Manow 2024b, S. 47–48). Dabei bezieht sich Manow auch insbesondere auf das Varieties of Democracy (Coppedge et al. 2020) Projekt. Er unterstellt der Demokratiemessung, diese strebe stets eine Ausweitung der checks and balances als Idealtypus der Demokratie an, obwohl diese laut ihm teilweise eine autoritäre Entwicklung der Demokratie zur Folge hätten (Manow 2024b, S. 46). Auf diese Kritik geht Manow genauer im Appendix I (Manow 2024b, S. 181–190) ein. Diese Kritik erschien auch bereits zuvor in „Normative Konstituenzien der Demokratie“ (Nida-Rümelin et al. 2024) unter dem Namen „Eine Beobachtung der Beobachtung“ (Manow 2024a). Zudem habe sich laut Manow die Definition der Demokratie gewandelt, er führt folgende Definiton an: Es ist ein System, welches dadurch geprägt ist, dass Regierungen aufgrund einer verlorenen Wahl abtreten müssen. Stattdessen sei es nun ein System mit einem konkreten und komplexen institutionellen Ensemble, welches als Ziel der Demokratisierung beschrieben wird.
Daran anschließend argumentiert Manow Populismus werde lediglich als verquere Weltsicht begriffen und zu selten als Protest gegen diese Globalisierung der Politik beschrieben (Manow 2024b, S. 39). In diesem Punkt trifft Manow einen durchaus empfindlichen und wichtigen Punkt in der Populismusforschung, denn die Theorie einer dünnen Ideologie, nach Mudde (2004) lässt sich zwar teilweise noch anwenden, dennoch scheint diese Betrachtung, wie von Manow erläutert, Populismus teilweise nicht hinreichend zu erklären.
Manow beschäftigt sich mit der Frage, was eine Verfassung ist oder auch nicht ist. So gebe es mehrere Möglichkeiten, entweder bestehe sie aus „wenige[n] abstrakte[n] Spielregeln“ (Manow 2024b, S. 60) oder sie wäre eine „Boutique des Guten, Wahren, Schönen“ (Manow 2024b, S. 60). Er spricht auch an, dass sich mit jeder weiteren Ausweitung oder Präzisierung der Verfassung automatisch der Kreis der Antidemokraten erweitere (Manow 2024b, S. 61). Einhergehend damit macht er deutlich, dass Veränderungen in den institutionellen Gebilden der Demokratie Auswirkungen auf die Verteilung der Macht und damit auch auf die Macht des Volkes in Form von Wahlen haben kann und wird (Manow 2024b, S. 62–65). Denn auch innerhalb und zwischen diesen Institutionen finden Machtkämpfe statt, die Einfluss auf die Machtverteilung im demokratischen System haben können (Manow 2024b, S. 62–63). Außerdem zeigt er dabei eine zunehmende Verrechtlichung der Politik auf und stellt die Frage wer die Politik vor dem Recht schützt (Manow 2024b, S. 66). Dabei stellt er heraus, dass eine unterschiedliche Ausarbeitung des demokratischen Systems und der Verfassung innerhalb des Systems einen Einfluss auf die Machtverteilung auch zu Ungunsten demokratischer Institutionen haben kann. Er verdeutlicht, dass eben dies zur Schaffung neuer Feinde der Demokratie führen kann. Dies ist eine These, welche durchaus diskussionswürdig ist und einen oftmals vernachlässigten Blickwinkel auf das in der gegenwärtigen Demokratieforschung omnipräsente Thema des Populismus eröffnet. Denn die Verantwortung der Akteur:innen innerhalb der Demokratie und des demokratischen Diskurses für den Aufstieg des Populismus wird wenig thematisiert.
Manow stellt den Kampf um Macht in der Demokratie dar und zeigt dabei auf, dass ‚die Mehrheit‘ die Demokratie immer majoritär interpretiert, um durchzuregieren. Sie bezieht sich dabei auf die Volkssouveränität als Teil der Demokratie. Im Gegensatz dazu betonen die Minderheiten checks and balances sowie die Gefahr der „Tyrannei der Mehrheit“ (Manow 2024b, S. 68). Einhergehend damit besteht in der Demokratie stets ein Kampf um politische Macht, er kritisiert die stärkere Beschränkung der Mehrheitsrechte (Manow 2024b, S. 68–69). Diese sei nur dann gewünscht, sofern sie den eigenen Belangen nütze und er kritisiert die Diskussionen um dieses Thema als opportunistisch (Manow 2024b, S. 69). Nach Manow rette „wenn die Demokratie den Rechtsstaat […] und nicht etwa umgekehrt“ (Manow 2024b, S. 73). Diese These ist besonders in Hinblick auf etwaige Parteiverbotsverfahren spannend. Manow stellt die Frage, welche Demokratie verteidigt werden soll, wenn es um die Verteidigung der Demokratie geht. Außerdem führt er die Veränderungen im institutionellen Ensemble in demokratischen Systemen auf Verschiebungen im politisch-sozialen Gleichgewicht der Gesellschaften zurück (Manow 2024b, S. 74–75). Manow charakterisiert in diesem Teil die Verschiebungen der Macht zwischen politischen majoritären Institutionen und nicht majoritären Institutionen treffend als Machtkampf, der diesen immer inhärent ist. Seine Schlussfolgerungen daraus sind zwar nachvollziehbar, aber auch recht allgemein, sodass sich die die Frage aufdrängt, in wessen Richtung das politisch-soziale Gleichgewicht verschoben wird, welches die Veränderungen im institutionellen Ensemble beeinflusst.
Manow betont, dass es zwar eine Unzufriedenheit mit der aktuellen Form der Demokratie und der Leistungsfähigkeit gibt, jedoch nicht mit dem der Demokratie als normativ gerechtfertigte Herrschaftsform. Dies sei in der Polykrise, in welcher wir uns befinden, allerdings auch nicht verwunderlich (Manow 2024b, S. 78–79). Ein weiterer Kernsatz, welcher Manows Bestandsaufnahme der demokratietheoretischen Forschung prägt ist: „»Wie wir Demokratie verstehen, wird von der Demokratie beeinflusst« und »Wie wir Demokratie verstehen, beeinflusst die Demokratie«“ (Manow 2024b, S. 80). Hier wird die Kernthese Manows deutlich, dass die demokratietheoretisch forschenden Akteur:innen durch ihre Analysen auch die Entwicklung unseres demokratischen Systems prägen. Vice versa prägt auch das demokratische System die Analysen der Forschung, allerdings über die des Untersuchungsgegenstands hinaus. Die Differenzierungen aus der Forschung „werden unmittelbar in die politische Arena zurückgespeist, die Kategorien werden von den so Kategorisierten angeeignet ob affirmativ oder ablehnend“ (Manow 2024b, S. 81). Er macht deutlich, dass es auch nötig ist wahrzunehmen, dass bestimmte Akteur:innen in unserem politischen System gewählt werden, eben weil liberale und intellektuelle Eliten warnen, dies nicht zu tun (Manow 2024b, S. 83). Die publizierenden Personen (liberale und intellektuelle Eliten) agieren nicht aus einer beobachtenden Perspektive heraus, sondern sind im Gegenteil sogar Teil des Konflikts und publizieren stets innerhalb des eigenen Kreises der akademischen Welt (Manow 2024b, S. 83–85). Einhergehend damit findet eine Abwertung derer statt, welche diesem impliziten Wir entzogen und beispielsweise als Populist:innen oder Wutbürger:innen klassifiziert werden (Manow 2024b, S. 84). Die wichtige Erkenntnis, welche Manow hier erbringt, ist zwar nicht neu, aber in dieser Deutlichkeit innerhalb der Politikwissenschaft selten formuliert. So stellt sich die Frage, für wen wissenschaftliche Texte eigentlich veröffentlicht werden und ob die Politikwissenschaft nicht ihr eigentliches Ziel verfehlt, wenn sie lediglich von denselben Leuten rezipiert wird, welche selbst veröffentlichen. Die Kommunikation der Politikwissenschaft in Richtung der Menschen, welche durch politisches Handeln betroffen sind, kommt in vielen Teilen zu kurz. Um diese wieder zu ermöglichen, müsste laut Manow einerseits die Sprache vereinfacht werden, andererseits müssten sich auch Teile der Wissenschaft von einer Haltung der Überlegenheit lösen und eine selbstkritische, dem Diskurs offene Position einnehmen. Davon kann sich Manow durch seine Schreibweise allerdings selbst nicht frei machen. Darüber hinaus ist auch der Kerngedanke, dass sich politiktheoretische Aussagen in der Politik widerspiegeln und durch diese verwendet werden, wertvoll. Und die Wahrnehmung der analysierenden Person als Teil dieser handelnden Elite kann natürlich auch Probleme bergen, welche sich dann in populistischem Handeln oder dem Wählen populistischer Parteien, wie zuvor dargestellt, äußern kann.
Die Beobachtung der Demokratie: Kontrolle & Konflikte
Manow stellt fest, dass die Krise der Demokratie keine Krise der gesamten Demokratie ist, sondern viel mehr eine Krise eines bestimmten Institutionenensembles, mit einer starken Verfassungsgerichtsbarkeit, welches seinen Siegeszug in den 1980er und 1990er Jahren feierte (Manow 2024b, S. 107). Er kritisiert dabei insbesondere die mangelnde Selbstkritik des Systems der liberalen Demokratie (Manow 2024b, S. 108). Er macht zudem deutlich, dass sich der Konstitutionalisierungsschub besonders stark und mit einer besonderen Schärfe in ost- und mitteleuropäischen Ländern vollzogen hat. Dort kann meist mit deutlich geringeren Hürden das Verfassungsgericht angerufen werden als in anderen Staaten (Manow 2024b, S. 117–119). Außerdem zeigt Manow die Kernthese seines Buches auf: Gegner:innen der liberalen Demokratie seien erst kürzlich mit dieser zusammen entstanden, und auch überhaupt gar keine Gegner:innen sondern vielmehr das Gespenst der Liberalismus, welches durch die vom Liberalismus erstickten Politik charakterisiert wird (Manow 2024b, S. 115). Dies ist eine Betrachtung, welche so in den Diskussionen, insbesondere um Bestrebungen in ost- und mitteleuropäischen Ländern den Liberalismus zurückzudrängen, kaum bis gar nicht stattfindet. Dieser Blickpunkt des Aufkeimens der durch Liberalismus erstickten Politik in Form von Bestrebungen gegen den Liberalismus ist mindestens eine Betrachtung wert, mag dies auch nicht auf alle Anhänger:innen populistischer Parteien und Bewegungen zutreffen, vielmehr mag es einige geben, welche durch eben diese Entwicklungen in entsprechende Richtung getrieben wurden.
Diese Konflikte in ost- und mitteleuropäischen Ländern seien durch die EU Beitritte dieser intensiviert worden, da einhergehend damit die Konflikte zwischen Recht und Politik verstärkt wurden, denn für den europäischen Gerichtshof (EuGH) wirke die Autolimitation nicht mehr, weil dieser nicht durch nationalstaatliche Politik beeinflusst werden kann (Manow 2024b, S. 125–127). Dies ließ sich durch nationalstaatliche Gerichte insofern nutzen, als dass diese statt selbst die Entscheidungen zu treffen sie an den EuGH appellieren konnten und somit die Autolimitation auch im Nationalstaat nicht ihre volle Wirkung entfalten konnte (Manow 2024b, S. 131). Diese Abnahme an Autolimitation gelte aber ebenso auch für die nationalstaatlichen Regierungen gegenüber dem EuGH, da diese vom EuGH weniger Konsequenzen zu fürchten haben, als von den nationalstaatlichen Verfassungsgerichten (Manow 2024b, S. 136). Dies ist einleuchtend in Hinblick auf die Ereignisse in Ungarn und Polen (sowohl in Bezug auf den Umgang mit dem nationalstaatlichen Verfassungsgericht als auch dem EuGH), jedoch scheint die Frage offensichtlich, ob Manow es sich mit dieser monokausalen Erklärung nicht zu einfach macht und ob dieses Problem nicht ein größeres ist, welches auch von ihm nicht hinreichend bearbeitet wird.
Eine weitere kontroverse These ist, dass die „eher hermetischen Beschreibungen einer Verschwörung gegen die Demokratie […] zu Verschwörungstheorien zweiter Ordnung“ (Manow 2024b, S. 142) werden. Damit meint er, dass die häufig angeführte Bedrohung der Unabhängigkeit der Justiz auch dadurch bedingt sei, dass die Justiz erheblich mächtiger geworden sei, weswegen eine stärkere politische Umkämpftheit nur wenig überrasche (Manow 2024b, S. 140–141). Er kritisiert die stärkere Verrechtlichung und die damit einhergehende Ausweitung institutioneller Schutzzonen als ursächlich für die Ausweitung politischer Kampfzonen (Manow 2024b, S. 144–145).
Bereits 2007 beschäftigte sich Bornemann mit der „Politisierung des Rechts und Verrechtlichung der Politik durch das Bundesverfassungsgerichts“ (Bornemann 2007) und attestiert dieser Diskussion ein Alter so alt wie die Institution selbst (Bornemann 2007, S. 75–76). Er sagt außerdem, dass im politischen System der Bundesrepublik Deutschland keine hierarchische Ordnung zwischen Politik und Recht gegeben, diese aber strukturell gekoppelt seien (Bornemann 2007, S. 81). Das Verfassungsgericht habe zwar politische Funktionen, beziehe sich im Kern aber auf das Medium des Rechts und handele im Rahmen dessen (Bornemann 2007, S. 87). Außerdem erklärt er Veränderungen, welche eine solche „Verrechtlichung der Politik“ annehmen lassen nicht über Vermischung sondern eine enger werdende strukturelle Verbindung oder Kopplung der beiden Bereiche, dennoch bleibe Politik ‚Politik‘ und Recht ‚Recht‘ (Bornemann 2007, S. 91–92).
Auch Kielmansegg (2013) macht sich in seinem fünften Versuch zum demokratischen Verfassungsstaat (Kielmansegg 2013, S. 145–180) Gedanken zum Verhältnis vom Verfassungsgericht und der Politik und dem Verfassungsgericht als politischem Akteur. Er verortet die Entstehung der Verfassungsgerichtsbarkeit in der Form, wie wir sie heute kennen, ebenfalls in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Kielmansegg 2013, S. 151). Er stellt darüber hinaus fest, dass der Interpretationsspielraum bei Verfassungsnormen erheblich größer ist als bei Gesetzestexten, welche andere Gerichte normalerweise verhandeln (Kielmansegg 2013, S. 154–157). Er beschreibt die Verfassungsgerichte auch als „Verfassungsgebende Gewalt in Permanenz“ (Kielmansegg 2013, S. 161) und charakterisiert sie dabei als politisch agierenden Akteur. Dennoch beschreibt er es als weder zur legislativen noch judikativen Gewalt zugehörig, sondern charakterisiert es als vierte Gewalt (Kielmansegg 2013, S. 163). Er schlägt zudem vor, zwischen einem schutzwürdigen und nicht schutzwürdigen Teil der Verfassung zu unterscheiden (Kielmansegg 2013, S. 169). Kielmansegg (2013) führt aus, dass die Verfassungsgerichte deshalb legitimiert seien, weil sie durch die Bevölkerung akzeptiert sind (Kielmansegg 2013, S. 170). Um diese Analyse genauer zu führen lässt sich wie im folgenden gemacht Schäfer und Zürn (2021) betrachten. Darüber hinaus bringt Kielmansegg zum Ausdruck, dass damit das Verfassungsgericht Teil eines ausbalancierten Systems sein kann, welches sich selbst in der eigenen Macht beschränken müsse (Kielmansegg 2013, S. 174).
Einhergehend mit der Argumentation Kielmanseggs (2013) stellen auch Schäfer und Zürn (2021) fest, dass das Vertrauen in sogenannte nicht majoritäre Institutionen (NMI) teilweise höher ist als in majoritäre Institutionen (MI) (Schäfer und Zürn 2021, S. 105). In Deutschland ist das Vertrauen in Gerichte sogar erheblich höher als in die Parteien oder Parlamente (Schäfer und Zürn 2021, S. 105). Dies kann wie von Kielmansegg (2013) getan als Legitimation dieser Gerichte gewertet werden, auch wenn keine direkte demokratische Legitimation vorliegt. Als für den Aufstieg des Populismus mitschuldig machen Schäfer und Zürn (2021) allerdings nicht ausschließlich die steigende Macht der Verfassungsgerichte aus, sondern viel mehr eine „Krise der Repräsentation“ (Schäfer und Zürn 2021, S. 127). Dennoch erwarten auch sie eine Selbstbeschränkung der Judikative und empfehlen, dass Gerichte lediglich Handlungsspielräume definieren, und Abstand von tatsächlichen Weisungen an die Politik nehmen, sollten (Schäfer und Zürn 2021, S. 214).
Auch Grimm (2021) hat sich in seinem Buch „Verfassungsgerichtsbarkeit“ mit der Spannung zwischen dem Verfassungsgericht und der Demokratie beschäftigt, dazu hält er fest, dass Verfassungsgerichte in jedem Fall eine politische Rolle spielen (Grimm 2021, S. 90). Insbesondere seien sowohl der Gegenstand, welchen das Verfassungsgericht verhandelt, als auch die Wirkung ihrer Urteile politisch (Grimm 2021, S. 90–91). Allerdings sei der Vorgang der Verfassungsrechtsprechung nicht in dem Sinn politisch wie die Tätigkeit politischer Akteur:innen, wie politische Parteien oder Politiker:innen, da sie unter anderem keinen Wahlkampf führen müssen (Grimm 2021, S. 92–94). Ebenso wie Kielmansegg (2013) stellt Grimm (2021) fest, dass das Verfassungsrecht vager ist als Gesetzestexte, welche präzise Vorgaben haben. Er stellt klar, dass die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts eine rechtliche, nicht politische, Auslegung der Verfassungsnormen sei, solange bei der Interpretation der Verfassungsnormen keine Grenzen überschritten werden (Grimm 2021, S. 98–102). Er macht die Notwendigkeit der Möglichkeit zur Verfassungsänderung deutlich, welche das Gegengewicht zum Handeln der Verfassungsgerichte darstellt (Grimm 2021, S. 104). Ähnlich wie Manow attestiert auch Grimm der europäischen Rechtsprechung ein „demokratisches Dilemma“ (Grimm 2021, S. 333). Der EuGH sei aufgrund der Verträge auf Basis welcher er urteilt, welche im Gegensatz zu einer Verfassung nicht mehr geändert werden können, gegen demokratische Einflüsse teilweise immunisiert (Grimm 2021, S. 335). Deswegen werden im europäischen System politische Entscheidungen von den unpolitischen Institutionen Kommission und EuGH getroffen (Grimm 2021, S. 335–336). Ausgehend davon attestiert er diesem System eine Demokratieminderung, da schwerwiegende politische Entscheidungen demokratischen Prozessen entzogen sind (Grimm 2021, S. 339). Grimm arbeitet zum Ende seines Buches (Grimm 2021, S. 357–398) ähnliche Kritik wie die von Manow auf, hält sie aber für nicht überzeugend und ordnet sie als gegebenenfalls nützlich für Populist:innen ein (Grimm 2021, S. 398).
Die These Manows, dass die stärkere Verrechtlichung der Politik durch Verfassungsgerichte insbesondere in ost- und mitteleuropäischen Ländern und besonders stark seit dem EU Beitritt dieser Länder zu einer weiterführenden Verrechtlichung geführt hat, scheint plausibel. Alledrings unterschlägt sie zugleich, dass die Populist:innen in diesen Ländern nicht ausschließlich gegen die zunehmende Macht der Judikative kämpfen, sondern darüber hinaus auch massiv gegen Minderheiten und Andersdenkende vorgehen, welche bisher durch die unabhängige Gerichtsbarkeit in ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt werden. Manow muss sich also den kritischen Einwand gefallen lassen, seine These zu sehr zuzuspitzen und monokausal zu analysieren, obwohl viele verschiedene diffizile Ursachen zu Grunde liegen.
Die Beobachtete Demokratie
In der beobachteten Demokratie bezieht Manow sich erneut auf die Europäische Union und die Auswirkungen insbesondere auf ost- und mitteleuropäische Länder, welche eigene Handlungsspielräume in Richtung der EU abgegeben haben (Manow 2024b, S. 159). Darüber hinaus geht es um die EU, welche sich ab 1990 über eine eigene Werteagenda neu erfunden habe (entgegen ihrer Entstehung als Wirtschafts- und Freihandelsbündnis), diese stütze sich aber zu großen Teilen auf die Menschenrechte und nicht auf die Demokratie (Manow 2024b, S. 163). Er nimmt dabei hauptsächlich auf die Abgabe nationalstaatlicher Macht an die EU Bezug, welche durch ost- und mitteleuropäische Länder auch unterschiedlich wahrgenommen werde als in den anderen EU Mitgliedsstaaten, da diese aufgrund ihrer Geschichte eine andere Haltung haben (Manow 2024b, S. 171). Er bezieht sich dabei darauf, dass es durch die EU, insbesondere dem EuGH, eine suprastaatliche Institution gibt, welche Entscheidungen gegenüber der nationalstaatlichen Macht durchsetzt und geht dabei auf die Erfahrungen der Staaten durch die Sowjetunion ein.
Auch Scharpf (2009) kritisiert die aktuelle Form des europäischen Richterrechts; es untergrabe einzelstaatliche Lösungen und nähme keine Rücksicht auf die individuellen Belange der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (Scharpf 2009, S. 272). Ebenso sei die fehlende demokratische Legitimation des EuGH ein Problem, das die Legitimation des gesamten europäischen Systems untergraben könne (Scharpf 2009, S. 273). Er empfiehlt eine teilweise Rückverlagerung der Macht in den Europäischen Rat, in diesem solle über Urteile abgestimmt werden, sofern eine Regierung einen begründeten Widerspruch einlege (Scharpf 2009, S. 274). Daraus würde ihm zufolge auch direkt eine Selbstbeschränkung des EuGH folgen, von der alle profitieren würden (Scharpf 2009, S. 275).
In diesem Kapitel breitet Manow seine zuvor dargestellte These zu den ost- und mitteleuropäischen Ländern erneut aus. Diese erscheint plausibel, wenngleich – wie bereits erwähnt – die populistischen Parteien in diesen Ländern, namentlich PiS und Fidesz, auch in anderen Politikfeldern ein populistisches Programm verfolgen, dabei marginalisierte Gruppen angreifen und alternative Wertvorstellungen vertreten.
Konsequenzen
In diesem Kapitel fasst Manow die Konflikte, Konzepte und Konsequenzen zusammen. Für eine so umfassend vorgelegte Problemanalyse zu anderer demokratietheoretischer Forschung verbleiben die Konsequenzen jedoch sehr kurz. Manow gibt selber keine Weisungen aus, sondern bleibt bei der Kritik an anderen Forschenden. Er gibt eine fundierte Kritik ab, bleibt jedoch in eigenen Ideen und Folgerungen sehr verhalten. Dies ist ein Stück weit enttäuschend in der Hinsicht, dass er zwar präzise Fehler in der bisherigen Forschung identifiziert, sich selbst jedoch nicht zu trauen scheint, Vorschläge zu machen und sich damit möglicherweise angreifbar zu machen.
Kritische Würdigung
Das Buch Manows (2024b) wurde vielfach diskutiert sowie rezensiert, beispielsweise auf dem Verfassungsblog (Steinbeis 2024), bei soziopolis (Buchstein und Müller 2024), dem PW portal (Jörke 2024), dem Theorieblog (Oestmann 2024), Ethik und Gesellschaft (Meyer 2024) und dem Zentrum der liberalen Moderne (Schwitteck 2024). All diese attestieren dem Werk die Offenlegung eines wenig betrachteten Blickwinkels auf das Thema der Krise der liberalen Demokratie. Es wird häufig auf die provokante Art und die weitreichende Kritik Manows hingewiesen, es handele sich um einen „fulminanten Rundumschlag“ (Buchstein und Müller 2024) oder seine Analyse sei „ebenso erhellend wie provokativ“ (Jörke 2024). Beim Theorieblog wird der Hinweis auf den westeuropäischen Bias positiv hervorgehoben (Oestmann 2024).
Gleichzeitig wird auf die bereits länger bestehende Debatte um die Historisierung politischer Begriffe in den Fokus gerückt, und auf die provozierende Absicht diesbezüglich hingewiesen (Buchstein und Müller 2024). Diese Historisierung wie auch die detaillierte Auseinandersetzung mit den verschiedenen Formen der Demokratiemessung wird in der Rezension des Theorieblogs hervorgehoben (Oestmann 2024). Auch seitens des Verfassungsblogs wird hervorgehoben, dass Manow einen der stärksten Teile des Buches dem „vermeintlich aller politischen Konflikte und aller historischen Besonderheiten enthobenen liberal-demokratischen Ideal“ (Steinbeis 2024) widmet. Dabei wird auch insbesondere auf die „stumpfe[ ] Checklisten-Metrik“ (Steinbeis 2024) hingewiesen.
Kritik an Manow wird unter anderem vom Zentrum liberaler Moderne geäußert, dort heißt es, er relativiere das Gefahrenpotenzial des Populismus und sei für eine ausschließlich mehrheitlich organisierte Demokratie (Schwitteck 2024). Beim Verfassungsblog arbeitet Steinbeis sehr treffend heraus, dass die Definition welche Manow für die Demokratie vorlegt (sie sei dadurch gekennzeichnet, dass Parteien abgewählt werden), nur bedingt auf Verständnis bei den Populist:innen stoßen werde, sofern sie selbst betroffen seien. Diese Populist:innen kritisieren aber ebenso die Verfassungsgerichtsbarkeit (Steinbeis 2024). Eine weniger scharfe Kritik, welche aber das gleiche Thema bearbeitet kommt vom Theorieblog, wo auf die Missachtung der Programme der erwähnten Populist:innen der PiS und der Fidesz hingewiesen wird, denn diese gehen über die einfache Abschaffung von Verfassungsgerichten hinaus (Oestmann 2024). Meyer (2024) kritisiert, dass die Ökonomie und ihre Einflüsse kaum eine Rolle in den Gedankengängen Manows spielen. Dies sei insbesondere bei einem Professor für internationale Ökonomie verwunderlich (Meyer 2024).
Die Kritik arbeitet sich nicht am Vorgehen Manows oder an der Kritik seinerseits an der demokratietheoretischen Politikwissenschaft ab, sondern bezieht sich vielmehr auf die realpolitischen Folgen, welche aus der Betrachtungsweise Manows ergeben. Die Gefahr von populistischen Bewegungen für die, auch wie von Manow definierte, Demokratie ist nicht von der Hand zu weisen. Diese Gefahr geht weit über die Entmachtung der Verfassungsgerichte hinaus und wird von Manow kleiner gemacht als sie womöglich real tatsächlich ist. Ein Weiterdenken der Ideen Manows lässt sich in der Rezension bei soziopolis finden, Buchstein und Müller (2024) schlagen vor, den Begriff des demokratischen Verfassungsstaats anstelle der liberalen Demokratie zu verwenden, um so Populist:innen den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Festzuhalten bleibt, dass alle Rezensionen, selbst die, die scharf kritisiert haben wie das Zentrum liberaler Moderne (Schwitteck 2024), den Perspektivwechsel, welchen Manow in der aktuellen Debatte vornimmt, positiv herausstellen und ihn für sinnvoll und bereichernd für die vorherrschende Debatte charakterisieren. Kritisiert wird allerdings, beispielsweise in der Rezension bei Ethik und Gesellschaft (Meyer 2024), dass die eigenen Folgerungen oder Handlungsvorschläge Manows sehr knapp bleiben, sofern sie überhaupt vorhanden sind. Meyer (2024) schreibt, man mache es sich zu einfach wenn man sage, dass es sich hierbei um „das Buch eines Querulanten, der es sich leicht macht und einfach nur gegen seine Disziplin schießen will“ handele. Stattdessen solle es vielmehr als eine provokante Intervention in die aktuelle Debatte verstanden werden (Meyer 2024). Zurück bleibt insbesondere der neue Schwung der mit Manows Historisierung der gegenwärtigen Lage in die demokratietheoretische Debatte (Buchstein und Müller 2024). So wird Manow attestiert, einen wertvollen Beitrag oder auch einen Anstoß für die demokratietheoretische Debatte geliefert zu haben. Diese Debatte solle allerdings unbedingt auch über den Beitrag Manows hinausgehen und auch in andere Richtungen denken.
Urteil
Manow liefert einen sehr spannenden Denkanstoß, welcher wie er sagt in der aktuellen Debatte zu wenig stattfindet. Damit mag er recht haben, dennoch ist es interessant, dass Manows Kernthese (die Verrechtlichung der Politik) bereits in vielen Werken zuvor formuliert und bearbeitet wurde (Bornemann 2007, Grimm 2021, Kielmansegg 2013, Schäfer und Zürn 2021). Manows These ist also keineswegs neu, aber dennoch in der aktuellen Debatte um den Aufstieg der Populist:innen als Kritiker:innen der liberalen Demokratie wenig betrachtet. Besonders die Anwendung der These auf die Entstehung und Vergrößerung populistischer Bewegungen ist etwas, was zuvor selten stattfand. Somit ist es sinnvoll, diese These erneut einzubringen, und so die von Manow zurecht als einseitig kritisierte Debatte zu bereichern.
Dennoch ist zu erwähnen, dass Manow viele Dinge übersieht. Insbesondere das Handeln und die Ideen der Populist:innen werden von ihm sehr vereinfacht, wenn nicht gar verharmlosend dargestellt. Dass diese Populist:innen nicht zufrieden sein werden, wenn die Mehrheit wieder frei handeln kann und nicht durch Verfassungsgerichte eingeschränkt wird, ist in ihren Programmen und Aussagen klar ersichtlich. Dass durch eine Verringerung der Macht von Verfassungsgerichten, oder sogar einer Abschaffung dieser, in Verbindung mit mächtigen Populist:innen, Minderheiten stark gefährdet sind ist ebenso offensichtlich. Und außerdem ist die Macht von Verfassungsgerichten auch lediglich eines von vielen Themen der erstarkenden Populist:innen (s. z.b. Schäfer und Zürn).
Es bleibt jedoch die Frage, ob dies überhaupt Manows Anspruch war. Vielmehr scheint es als wollte er seinen interessanten Denkanstoß in der Debatte unterbringen. Die ist ihm, möglicherweise auch aufgrund der provokanten Art, bestens gelungen. Nun liegt es an anderen Wissenschaftler:innen im Bereich der Demokratietheorie diesen Ansatz weiterzudenken und in die eigene Forschung einfließen zu lassen; sicher nicht in dieser Radikalität, aber die wachsende Macht der Verfassungsgerichte ist zu beachten. Manow schafft es mit seiner provokanten Art und einer scharfen Analyse seine These in der demokratietheoretischen Forschung unterzubringen. Darüber hinaus ist das Buch durch diese Art unterhaltsam und anregend zu lesen. Seine These hat die Möglichkeit die Forschung zu bereichern. Somit ist das Buch auch als das zu bewerten, was es ist: ein Einbringen einer These, welche zuletzt zu wenig Beachtung gefunden hat und durch Manow in die Debatte zurückgebracht wurde.
Das Buch Manows äußert scharfe Kritik an der aktuellen Demokratieforschung; dies tut er auf eine äußerst radikale Art und Weise, welche Aufmerksamkeit erregt. Diese Kritik an der Demokratieforschung findet im Allgemeinen statt, bezieht sich jedoch im Speziellen sehr deutlich auf die Populismusforschung. Er kritisiert den Ansatz der Analyse einer Krise der liberalen Demokratie und unterstellt dieser, dass diese Krise durch sie selbst mit verursacht oder durch sie bedingt ist. Denn diese Form des Staates unterdrücke den Volkswillen als Kerngedanken der Demokratie, zugunsten einer fortschreitenden Liberalisierung und einer Vergrößerung der Macht von Verfassungsgerichten. Infolgedessen entstehe der Populismus als „Gespenst mit dem Geist der von ihm [dem Liberalismus – Anm. d. Verf.] erstickten Politik“ (Manow 2024b, S. 115).
Diese Debatte um eine Verrechtlichung der Politik ist keineswegs neu und wurde seit einiger Zeit und auch in verschiedenen Dimensionen diskutiert. Manow bezieht dies aber stärker denn je auf den Populismus und seine Entstehung und macht so die Treiber der liberalen Demokratie und ihren Kampf gegen Populismus mit oder gar hauptverantwortlich für die Entstehung und Verstärkung des Populismus. Diese These verfängt aufgrund ihrer provokanten und scharfen Art sehr stark, ist aber in ihrer Drastik kaum zu halten. Denn die Programme der Populist:innen sind viel mehr als nur eine Verringerung der Macht der Verfassungsgerichte und eine Wandlung in eine stärker majoritär dominierte Demokratie. Darüber hinaus muss er sich die Frage gefallen lassen, ob denn Parlamente dieser majoritären Rolle, bei den Responsivitätslücken, überhaupt gerecht werden (Schäfer und Zürn 2021, S. 127–129).
Die Fachrezensionen werten Manows Vorschlag als einen wertvollen Beitrag, wenn auch von einigen, teilweise sehr scharfe, Kritik kommt. Die Urheber der sehr scharfen Kritik müssten sich von Manow vermutlich die Kritik gefallen lassen, zu den von ihm gemeinten intellektuellen Eliten zu gehören, welche diese Dinge untereinander besprechen und eher Teil des Problems, als Teil der Lösung sind. Der Vorschlag von Manow ist also definitiv nicht die Lösung der Krise der liberalen Demokratie, vielmehr ist er ein provokanter Versuch, eine, mindestens in Westeuropa, selten gehörte These in der Debatte zu platzieren. Dennoch ist die These ein wertvoller Beitrag in einer häufig einseitigen und teilweise festgefahrenen Debatte zur Bekämpfung der Krise der liberalen Demokratie und des Populismus.
Literaturverzeichnis
Bornemann, Basil (2007): Politisierung des Rechts und Verrechtlichung der Politik durch das Bun-desverfassungsgericht? In: Zeitschrift für Rechtssoziologie 28 (1), S. 75–96. DOI: 10.1515/zfrs-2007-0105.
Buchstein, Hubertus; Müller, Tobias (2024): It’s the constitutionalization, stupid! Rezension zu "Unter Beobachtung: Die Bestimmung der liberalen Demokratie und ihrer Freunde" von Philip Manow. In: Soziopolis: Gesellschaft beobachten.
Coppedge, Michael; Gerring, John; Glynn, Adam; Knutsen, Carl Henrik; Lindberg, Staffan I.; Pemstein, Daniel et al. (2020): Varieties of Democracy: Cambridge University Press.
Grimm, Dieter (2021): Verfassungsgerichtsbarkeit. Erste Auflage, Originalausgabe. Berlin: Suhr-kamp (suhrkamp taschenbuch wissenschaft, 2357). Online verfügbar.
Jörke, Dirk Prof. Dr. (2024): Philip Manow: Unter Beobachtung. Die Bestimmung der liberalen De-mokratie und ihrer Feinde. Rezension. Portal für Politikwissenschaft. Online verfügbar, zuletzt geprüft am 25.02.2025.
Kielmansegg, Peter von (2013): Die Grammatik der Freiheit. Acht Versuche über den demokrati-schen Verfassungsstaat. 1. Aufl. Baden-Baden: Nomos. Online verfügbar.
Manow, Philip (2018): Die politische Ökonomie des Populismus. Erste Auflage, Sonderdruck, Ori-ginalausgabe. Berlin: Suhrkamp (Edition Suhrkamp, 2728). Online verfügbar.
Manow, Philip (2020): (Ent-)Demokratisierung der Demokratie. Ein Essay. Erste Auflage, Original-ausgabe. Berlin: Suhrkamp (Edition Suhrkamp, 2753). Online verfügbar.
Manow, Philip (2024a): Eine Beobachtung der Beobachtung der Demokratie. In: Julian Nida-Rümelin, Timo Greger und Andreas Oldenbourg (Hg.): Normative Konstituenzien der Demokratie: De Gruyter, S. 313–328.
Manow, Philip (2024b): Unter Beobachtung. Die Bestimmung der liberalen Demokratie und ihrer Freunde. Berlin: Suhrkamp (Edition Suhrkamp, 2796). Online verfügbar.
Meyer, Stefan (2024): Von einem, der auszog, das Fürchten zu lehren. Ethik und Gesellschaft, No. 2 (2024): Zwischen Privat und Öffentlich: Hybride Räume im Umbruch der Corona-Pandemie. DOI: 10.18156/eug-2-2024-rez-10.
Mudde, Cas (2004): The Populist Zeitgeist. In: Gov. & oppos. 39 (4), S. 541–563. DOI: 10.1111/j.1477-7053.2004.00135.x.
Nida-Rümelin, Julian; Greger, Timo; Oldenbourg, Andreas (Hg.) (2024): Normative Konstituenzien der Demokratie: De Gruyter.
Oestmann, Jannik (2024): Die Pathogenese der liberalen Demokratie? Lesenotiz zu Philip Manows „Unter Beobachtung“. Theorieblog. Online verfügbar, zuletzt geprüft am 25.02.2025.
Schäfer, Armin; Zürn, Michael (2021): Die demokratische Regression. Die politischen Ursachen des autoritäten Populismus. Orig.-Ausg., 1. Aufl. Berlin: Suhrkamp (Edition Suhrkamp, 2749).
Scharpf, Fritz W. (2009): Legitimität im europäischen Mehrebenensystem. In: Leviathan 37 (2), S. 244–280. DOI: 10.1007/s11578-009-0016-7.
Schwitteck, Alexander (2024): Die liberalen Ursprünge der demokratischen Krise. Zentrum Liberale Moderne. Online verfügbar, zuletzt geprüft am 25.02.2025.
Steinbeis, Maximilian (2024): Schrankenlos. VerfBlog. Online verfügbar, zuletzt geprüft am 25.02.2025.