Neue Publikation in Steuer und Wirtschaft

In vielen Wirtschaftsbereichen finden Teile der Produktion in Ländern statt, die sich durch Vorteile bei vor allem den Lohnkosten, dem Zugang zu Märkten und Know-how oder staatlicher Regulierung auszeichnen. Dies betrifft primär, und vor allem in Deutschland, das verarbeitende Gewerbe. In rechtlicher Sicht beruht diese Produktion im Ausland in aller Regel auf Dienst- oder Werkverträgen, in denen die Aufgaben, Rechte und Pflichten von Auftraggeber und Auftragnehmerin geregelt sind. Im Zusammenhang mit der Vertragsproduktion durch nahestehende Personen ist in den vergangenen Jahren eine Diskussion über die steuerliche Berücksichtigung der Materialkosten bei der Bestimmung des fremdüblichen Gewinns, der dem Auftragnehmer zusteht, entstanden. In einem jüngeren Urteil hatte der BFH einen Gewinnaufschlag auf die Materialkosten des Vertragsfertigers für den Sonderfall einer faktischen Beistellung von Material verneint. Anlass zur Diskussion gibt die Begründung des BFH, die sich an einem Beitrag zur Literatur orientiert. Danach können Materialkosten bei der Bestimmung des Gewinnaufschlags aus der Bemessungsgrundlage zu kürzen sein, da sie, wenn keinerlei Funktionen insbesondere im strategischen Beschaffungsprozess ausgeübt werden, “nicht wertschöpfend“ sind. Diese Begründung vermischt das Konzept der Wertschöpfung mit Kostenbemessungsgrundlagen, erhebt den “strategischen Beschaffungsprozess“ zum maßgebenden Kriterium für die Zulässigkeit eines Gewinnaufschlags auf die Materialkosten der Vertragsproduzenten und verleitet zu Missverständnissen in Fällen echter Materialbeschaffungen durch Auftragsfertiger, die im Konzern zentral koordiniert werden. Die Wertschöpfung misst das Faktoreinkommen und schließt damit auch die risikoadäquate Verzinsung entgeltlich erworbener Inputgüter ein. Dieser Beitrag will begriffliche Klarheit schaffen, Konsequenzen für die Ermittlung des Gewinnaufschlags aufzeigen und möglichen Missverständnissen vorbeugen.

Besteuerung der Gewinne am Ort der Wertschöpfung – Folgen für die Gewinnzuordnung bei der Vertragsproduktion im Konzern
Oestreicher, A., in: Steuer und Wirtschaft 2025/1, S. 54-66